Im Kellergeschoss der EB Zürich entsteht gerade eine neue Energiezentrale, die Teile des Seefeld-Quartiers mit CO₂-freier Wärme versorgen wird. Zu verdanken ist das dem Zürichsee, dessen Temperaturen in 15 Metern Tiefe auch im Winter selten unter 5°C fallen.
In diesen Tagen klingt es geschäftig aus den Räumen unterhalb des BiZE, des Bildungszentrums für Erwachsene. Eine Handvoll Personen bauen dort unter der Leitung des ewz und des Planungsunternehmens Weisskopf Partner GmbH eine sogenannte Quartier-Energiezentrale ein. Zuerst wurde fast das komplette Untergeschoss geleert: Drei von vier riesigen Öltanks – sie dienten als Notlager fürs Quartier – wurden zerschnitten und abtransportiert, Öffnungen im Beton wurden dafür vergrössert und der Lüftungsabzug, der vom Keller bis zum Dach reicht, wurde mit einem Kran rausgezogen (GIF). Nun beginnen die Montagearbeiten, so werden beispielsweise in den Schacht zwei neue Kamine für die grössere Leistung eingebaut.
Die Heizung im Keller versorgte bis anhin neben der EB Zürich und der KME auch das Kirchgemeindehaus Neumünster, das Freie Gymnasium Zürich und das GZ Riesbach. Damit niemand während der Umstellung friert, fuhr in den Herbstferien eine mobile Heizzentrale für voraussichtlich 3 – 4 Monate vor. Geplant ist, dass die Wärmepumpen im Sommer 2023 ihren Betrieb aufnehmen. Bis zu 120 Liegenschaften werden sich dann anschliessen und klimafreundlich heizen können.
Als Energiequelle dient Seewasser, das ca. 300 Meter vom Ufer entfernt in 14 Metern Tiefe hochgepumpt wird. Dort beträgt die Wassertemperatur je nach Saison zwischen 4 und 6°C. Nachdem die Wärmepumpe dem Wasser die Wärme entzogen hat, fliesst es 3 – 4 Grad kälter wieder zurück in den See.
So funktioniert das Heizen mit Seewärme:
Die Idee, mit Wasser aus Seen und Flüssen zu heizen, ist nicht neu: Schon in den 1940er Jahren heizte das Zürcher Rathaus mit Wärme aus der Limmat. Der Durchbruch gelang aber nie wirklich, obwohl viele am Wasser gelegene Schweizer Städte beste Voraussetzungen mitbringen würden.
Grosses Interesse kam erst während der letzten zwei Jahrzehnte auf, als umweltschonende Alternativen immer mehr zum Thema wurden. Und Wärmepumpen sind eine effiziente Lösung: Sie benötigen eine Kilowattstunde Strom, um drei bis vier Kilowattstunden Heizwärme zu erzeugen. So nahmen unter anderem Projekte im Genfer-, Zuger- und Vierwaldstättersee ihren Betrieb auf. Vergangenen Winter ging das momentan grösste System ans Netz – es heizt 7000 Haushalte in Luzern.
Auch für die Anlage im Keller des BiZE ist Grösseres vorgesehen: Der Seewasserverbund Seefeld des ewz soll bis 2026 ausgebaut werden, um dann das Quartier von der Badi Utoquai bis zum Chinagarten mit ökologischer Wärme im Umfang von 18 Gigawattstunden pro Jahr zu versorgen. Das entspricht dem Stromverbrauch von rund 6500 Zwei-Personen-Haushalten und einer Einsparung von 3200 Tonnen CO₂ pro Jahr. Durchgehend CO₂-frei ist die Wärme jedoch nicht: Um die Spitzenlast (rund 20%) abzudecken oder wenn das Wasser nach der Wärmepumpe dem Gefrierpunkt nahekommt, wird die Leistung des Gasheizkessels hochgefahren – deshalb bleibt einer der Öl-/Gasheizkessel im Keller.
Im Sommer könnte dann das kalte Seewasser aus der Tiefe genutzt werden, um Räume zu kühlen. Chemisch unverändert fliesst es rund 300 Meter vom Ufer entfernt wieder in den See – und der Kreislauf beginnt von vorn.