Das KV ist die meistgewählte Berufslehre der Schweiz. Per August 2023 wurde die Ausbildung komplett überarbeitet. Regula Kreyenbühl, Berufsinspektorin beim Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA), gibt einen Einblick in das erste Lehrjahr nach der Reform.
Regula, weshalb war die KV-Reform notwendig?
Das Vorgängermodell der Ausbildung startete 2003. Die Bildungsinhalte wurden seither nur sanft angepasst, was eine Totalrevision überfällig machte. Mit der Reform hat auch im KV ein Transfer von der Fächer- zur Handlungskompetenzorientierung stattgefunden. Zudem wurden die beiden unterschiedlichen schulischen Profile B und E durch einen einheitlichen Lehrplan ersetzt, was das Qualifikationsprofil der Kaufleute mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) schärft: Alle zukünftigen Berufsleute verfügen über Kenntnisse einer zweiten Landessprache und Englisch. Weiter konnte die eidgenössische Berufsattest-Ausbildung (EBA), die einen niederschwelligen Einstieg in den kaufmännischen Beruf ermöglicht, neu positioniert werden.
Weshalb orientiert sich die Ausbildung heute an Handlungskompetenzen?
Der Aufbau von Handlungskompetenz erfordert einen Entwicklungsprozess. Durch das Verbinden von Wissen mit praktischen Handlungen, selbst gemachten Erfahrungen und einer anschliessenden Reflexion sind die angehenden Berufsleute gut vorbereitet, so dass sie die vielfältigsten Situationen im Arbeitsalltag zukünftig bestens meistern können.
Welche Rolle hatte das MBA im Kanton Zürich bei der Umsetzung?
Die Berufsbildung ist eine Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt (OdA). Die Kantone wurden schon ganz zu Beginn der KV-Reform eingebunden – zuerst via Kernteam und dann über das nationale Koordinationsgremium (NKG). Im Kanton Zürich wurden Ressourcen für eine koordinierte Umsetzung der beiden grossen Grundbildungsreformen «Verkauf 2022+» und «Kaufleute 2022» gesprochen. Viele Lehrkräfte, Branchenvertreter und Bildungsprofis aus den Lehrbetrieben arbeiteten engagiert in Arbeitsgruppen und Teilprojekten mit. Diese Umsetzungsarbeiten sind noch nicht abgeschlossen und werden uns noch länger beschäftigen.
Das MBA ist Ansprechpartner für Lehrbetriebe und Lernende: Wie kommt das neue Modell in der Praxis an? Gibt es Unterschiede bezüglich der Branchen?
Wie bei jeder grossen Reform gibt es die verschiedensten Rückmeldungen: von Begeisterung über die gestärkte Selbstwirksamkeit der Lernenden bis hin zur Überforderung mit der neuen Lernumgebung – alle Ausbildungs- und Prüfungsbranchen hatten sich für eine digitale Lernplattform entschieden, was in der modernen Berufswelt der Kaufleute ja auch Sinn macht. Wie bei jeder grossen Reform werden Justierungen und Optimierungen folgen.
Die Arbeitswelt verändert sich heute sehr schnell. Wie wird sichergestellt, dass die KV-Lehre weiterhin aktuell bleibt?
Veränderungen sind nicht aufzuhalten und gehören in den Berufsalltag. Wichtig scheint mir, dass sich auf Stufe Lehrbetrieb die Berufsbildner/innen mutig mit den Veränderungen auseinandersetzen, neugierig bleiben und sich stetig an die neuen Herausforderungen im Berufsfeld anpassen. Alle Bildungspartner sammeln nun Erfahrungswissen, welches durch die Trägerschaft zusammengetragen und ausgewertet wird. Ganz nach dem Credo: Egal, was die Zukunft bringt – Kaufleute sind darauf vorbereitet.
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Der Blogbeitrag über die KV-Reform ist in zwei Teile aufgeteilt. Im zweiten Teil berichtet Regula Hug, Ausbildungsverantwortliche für KV-Lernende bei der Finanzdirektion des Kantons Zürich, von ihren Erfahrungen mit dem neuen Ausbildungsmodell: Hier geht es zum Beitrag