Ich kam einfach nicht weiter

«Immer wenn ich mit dem PC einen Text schreiben oder E-Mails verschicken musste, habe ich mich so 'herumgeschlängelt' oder meinen Sohn um Hilfe gebeten.

Der tippte dann auf ein paar Tasten und löste das Problem, doch konnte ich mir nicht merken, was er gemacht hatte. Als ich einmal für einen Kinderanlass einen Flyer gestalten musste, sass ich stundenlang vor dem Compi: Es gab immer wieder Probleme mit der Schrift oder ein eingefügtes Bild war plötzlich ganz weg – ich kam einfach nicht weiter.

Vor einem Jahr beschloss ich, wieder zu arbeiten. Im biz Urdorf machte ich eine viamia-Beratung – die war super – und spätestens da wurde mir klar, dass ich meine Computerkenntnisse verbessern musste. Ich musste mir selbst eingestehen, dass ich das nicht konnte.

Im biz lag auch ein Flyer mit Computerkursen der EB Zürich; ich meldete mich sofort an. Der Kurs war eine sehr gute Erfahrung und die Stimmung war super. Ich habe gemerkt, dass ich nicht alleine bin mit meinem Problem und dass es vielen gleich geht. Ich konnte zwei, drei Mal das Gleiche fragen, der Kursleiter hat es mir dann ruhig und geduldig nochmals auf eine andere Art erklärt, bis ich es verstanden hatte. Ich konnte auch individuell nach meinem Tempo lernen.

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«Im Kurs konnte ich vieles Schritt für Schritt ausprobieren und hatte so Erfolgserlebnisse.»

Ich habe das Gefühl, im Kurs sehr viel gelernt zu haben, und seither fühle ich mich viel sicherer. Wenn ich etwas farbig gestalten oder bei einer Bewerbung Dokumente an die E-Mail anhängen muss, weiss ich jetzt, wie das geht. Meine erste Bewerbung hatte ich sehr schön gestaltet; ich fand sie sehr gelungen und war megastolz.

Beim Projekt 'Botschafter/innen Grundkompetenzen' mache ich mit, weil es eine gute Sache ist, wenn ich als direkt Betroffene andere auf die Probleme mit Grundkompetenzen anspreche – wir befinden uns auf Augenhöhe. Mir geht es darum, darüber zu reden, dass man von gewissen Dingen wie zum Beispiel online am Flughafen einzuchecken ausgeschlossen ist oder sich selbst ausschliesst, wenn man sich etwas nicht zutraut und es deswegen nicht macht.

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«Beim Botschafterprojekt geht es darum, den Betroffenen die Angst zu nehmen.»

Bei den Standaktionen der Botschaftergruppe an öffentlichen Plätzen oder Veranstaltungen musste ich anfangs herausfinden, auf welche Personen ich zugehen und das Thema ansprechen konnte. Dabei habe ich viele gute Erfahrungen gemacht. Oft sagten mir Leute, dass sie keine Mühe mit Grundkompetenzen hätten, wenn ich aber fragte, ob sie am Automaten ein Billett lösen oder mit ihrem Handy umgehen können, wurden sie nachdenklich. Im Gespräch versuche ich, verständlich zu machen, worum es bei Grundkompetenzen geht und was diese alles einschliessen. Ich empfehle allen, sich selbst einzugestehen, wenn man etwas nicht kann, und denke, dass das kein Tabu sein soll. Vielen geht es genau gleich. Der nächste Schritt ist, sich zu informieren, wo man etwa einen Kurs besuchen kann und Unterstützung findet.»

aufgezeichnet von Jürgen Deininger
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Esther Hitz Wetli (56) hat ursprünglich Gärtnerin gelernt und möchte nach der Familienphase wieder in das Berufsleben einsteigen, aber nicht in ihren alten Beruf. Sie hat einen Sohn und zwei Töchter und engagiert sich bei insieme, der Dachorganisation der Elternvereine für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Sie plant, einen zweiten Kurs zu besuchen.

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