Mit Virtual Reality in fremde Küchen schauen
«Ein Koch kann in einer kleinen Beiz, einem Gourmetrestaurant, einem Spital oder sogar auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten. Dabei sind die Arbeitssituationen ganz unterschiedlich: In einer kleinen Küche gibt es vielleicht nur einen Kochherd. Dafür müssen in einem grossen Betrieb die längeren Wege berücksichtigt werden, damit das Essen warm und knusprig beim Gast ankommt. Und im Spital werden die Mahlzeiten vorproduziert, was organisatorisch spannend ist.
Lernende Köchinnen und Köche haben oft Mühe, sich in ein Arbeitsumfeld einzudenken, das sich von ihrem Ausbildungsbetrieb unterscheidet. Deshalb unternahmen wir im Berufskundeunterricht an der Allgemeinen Berufsschule Zürich (ABZ) einen Versuch mit Virtual Reality (VR): Wir bildeten die Warenannahme in einem Fünfsternehotel mit 360-Grad-Videos digital ab und bauten auf der Grundlage der Lernziele interaktive Elemente ein.
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«Die virtuelle Lernumgebung muss in unserem Fall möglichst nahe an der Realität sein, damit sie einen Mehrwert bringt.»
Rund 170 Auszubildende im zweiten Lehrjahr testeten die Anwendung mit der VR-Brille und erlebten den Arbeitsalltag in einer Grossküche vom Schulzimmer aus. Sie nahmen Waren vom Lieferanten entgegen, prüften die Lebensmittel und dokumentierten den Wareneingang. Etwa zwei Drittel fanden es 'supercool' und können sich vorstellen, punktuell mit Virtual Reality zu lernen. Andere hatten mehr erwartet – vor allem die Gamer, da sie aufwändigere Umsetzungen gewohnt sind. Aber wir verfügten natürlich nicht über gleich viel Zeit und Geld wie ein Spieldesigner.
Bei der Konzeption der virtuellen Unterrichtseinheit haben uns die Expertinnen und Experten von EB Digital und das Forschungsteam der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung (EHB) rund um Alberto Cattaneo wirklich sehr unterstützt. Dank ihres Know-hows und ihrer Erfahrung wussten wir von Anfang an, welche Ideen wir weiterverfolgen konnten und welche nicht mit überschaubarem Aufwand umsetzbar waren. Die Kameraaufnahmen und die technische Umsetzung entstanden dann ebenfalls in enger Zusammenarbeit mit den beiden Teams.
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«Die grösste Knacknuss war es, den Aufwand in einem vernünftigen Mass zu halten.»
Kommenden Frühling wird das VR-Modul an der Tagung der Schweizer Gastronomiefachlehrer-Vereinigung vorgestellt. So können vielleicht auch andere Schulen davon profitieren. Zurzeit wertet die EHB seine Wirksamkeit aus: Können sich Lernende, die eine Situation mit Virtual Reality üben, besser erinnern? Wie nachhaltig ist der Lernerfolg? Ich bin gespannt auf die Resultate. Sind sie positiv, kann ich mir gut vorstellen, vermehrt virtuelle Lernsequenzen im Unterricht einzusetzen.»
aufgezeichnet von Nicole Demarmels
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Alexander Wilhelm (60) ist eidg. dipl. Küchenchef und eidg. dipl. Berufsfachschullehrer. An der Allgemeinen Berufsschule Zürich (ABZ) ist er für die Talentklasse der Köchinnen und Köche verantwortlich.